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12.12.2025 
Sie sehen ein Frachtschiff im Hamburger Hafen.

Dokument-Nr. 35636

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Urteil12.12.2025Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht
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Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht Urteil12.12.2025

Zur abfall­recht­lichen Strafbarkeit des "Beaching" - das Abwracken von funkti­o­ns­fähigen Schiffen durch das gezielte Aufgrund­lau­fen­lassen auf einem Strand und die Zerlegung des Schiffs in seine wieder­ver­wertbaren EinzelteileOberlan­des­gericht bestätigt Freispruch im sogenannten „Beaching-Verfahren“

Der II. Strafsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlan­des­ge­richts hat die Revision der Staats­an­walt­schaft Kiel gegen ein freisprechendes Urteil des Amtsgerichts Rendsburg als unbegründet verworfen und damit den Freispruch der Angeklagten bestätigt.

Die Revision der Staats­an­walt­schaft bei dem Landgericht Kiel, der die General­staats­an­walt­schaft des Landes Schleswig-Holstein beigetreten ist, richtete sich gegen das Urteil des Amtsgerichts Rendsburg – Strafrichterin – vom 30.04.2025, mit dem es die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen hat.

Den zwei angeklagten Reedern wurde vorgeworfen, gemein­schaftlich handelnd vorsätzlich gemäß § 18 a Abs. 1 AbfVerbrG eine illegale Verbringung von gefährlichen Abfällen – nämlich eines 180 m langen und 94 m breiten Stahl-Seeschiffs – durchgeführt zu haben.

Das Schiff lag zunächst in Bremerhaven, lief dort am 02.11.2016 aus und fuhr auf einer Mittelmeerroute über Marokko und Gibraltar, wo es sich vom 05. bis zum 06.12.2016 aufhielt, durch den Suezkanal und dann nach Alang/Indien. Am 30.12.2016 fuhr das Schiff in Alang geplant auf den Strand, um verschrottet zu werden. Durch das nach Auffassung der Staats­an­walt­schaft nach deutschem Recht strafbare „Beaching“ ergaben sich gegenüber dem bei ordnungsgemäßer Entsorgung zu erwartenden Erlös nach der Anklage Mehreinnahmen von ca. 1,5 Millionen Dollar.

Das Amtsgericht Rendsburg hat die Angeklagten aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Es sei nicht feststellbar, dass das Schiff im – maßgeblichen – Zeitpunkt des Auslaufens aus deutschen Gewässern aus Sicht der Angeklagten bereits Abfall im Sinne des § 18 a AbfVerbrG gewesen sei, weil schon zu jenem Zeitpunkt geplant gewesen sei, es in Indien abzuwracken.

Die Staats­an­walt­schaft macht mit ihrer Revision geltend, das Amtsgericht habe materielles Recht verletzt und fehlerhaft den Willen der Angeklagten, sich des Schiffes zu entledigen, verneint. Das Containerschiff sei nach deren Vorstellungen bereits bei seinem Auslaufen aus Bremerhaven „Abfall“ gewesen. Es sei nämlich schon zuvor ein klarer Entle­di­gungswille der Geschäftsführer nach außen getreten.

Zur Entscheidung des II. Strafsenats

Der II. Strafsenat hat keine Rechtsfehler des Amtsgerichts festgestellt und daher die Revision der Staats­an­walt­schaft als unbegründet verworfen.

Die Beweiswürdigung des Amtsgerichts sei rechts­feh­lerfrei erfolgt. Die Strafrichterin habe sorgfältig festgestellt und begründet, dass ein Wille der Angeklagten, sich des Schiffes zu entledigen, zum Zeitpunkt des Auslaufens in Bremerhaven noch nicht vorgelegen habe. Der Verdacht einer strafbaren Abfall­ver­bringung habe sich nach den getroffenen Feststellungen daher nicht bestätigt.

Nach dem Abfall­ver­brin­gungs­gesetz seien Abfall­ver­brin­gungen nur strafbar, wenn sie aus dem Bundesgebiet erfolgten. In § 1 Nr. 1 AbfVerbrG heißt es, das Gesetz gelte für die Verbringung von Abfällen in das, aus dem oder durch das Bundesgebiet. Eine Ausdehnung des Straf­tat­be­stands des § 18 a AbfVerbrG nach Unionsrecht auf ein Verbringen aus dem Bereich der Europäischen Union (Gibraltar am 05./06.12.2016), komme nicht in Betracht. Der verfas­sungs­rechtliche Bestimmt­heits­grundsatz nach Art. 103 Abs. 2 GG verbiete die Ausdehnung straf­recht­licher Normen über ihren Wortlaut hinaus.

Gegen die Entscheidung ist kein Rechtsmittel mehr möglich.

Zum Hintergrund

Als „Beaching“ wird das Abwracken von funkti­o­ns­fähigen Schiffen durch das gezielte Aufgrund­lau­fen­lassen auf einem Strand und die Zerlegung des Schiffs in seine wieder­ver­wertbaren Einzelteile bezeichnet. Solche Strände befinden sich beispielsweise in Indien, Pakistan oder Bangladesch, wo in der Regel keine oder nur sehr geringe Standards zum Schutze der Umwelt und Gesundheit der dort beschäftigten Personen gelten (Altenburg/Kremer „Beaching – Die Strafbarkeit der Entsorgung von Schiffen“ in wistra 2023, 133 ff.).

Denkbar ist, dass sich die Strafbarkeit des Beachings durch die neue Umwelt­str­af­richtlinie RL 2024/1203 vom 11.04.2024 ändert, die bis zum 21.05.2026 von den EU-Mitgliedstaaten – also auch vom deutschen Gesetzgeber - umzusetzen ist.

Quelle: Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, ra-online (pm/pt)

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