Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Beschluss18.07.2025
Gaza-Protestcamp kann leise zurück vor das BundeskanzleramtOrtsverlegung des Protestcamps ist unverhältnismäßig
Ein bis zum 19. Juli 2025 noch angemeldetes Dauer-Protestcamp zum Thema "Vereint für Palästina!" darf wieder auf eine Grünfläche am Bundeskanzleramt umziehen, allerdings ohne lärmende Geräte wie z.B. Lautsprecher, Trommeln oder Megaphone. Das hat das Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in einem Eilverfahren entschieden und damit eine Beschwerde der Polizei gegen den vorherigen Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin zurückgewiesen.
Seit Mitte Juni 2025 wird auf einer Grünfläche vor dem Bundeskanzleramt ein Dauercamp abgehalten, das als Versammlung angemeldet ist. Nachdem die Teilnehmer wiederholt auf verschiedene Weise lautstark in Erscheinung getreten waren, ordnete die Polizei Berlin am 14. Juli 2025 die Verlegung der Versammlung auf einen Teil des Washingtonplatzes vor dem Berliner Hauptbahnhof an. Dem kamen die Teilnehmer nach. Ein Teilnehmer erhob gegen die Anordnung jedoch Widerspruch und Eilantrag. Diesem Eilantrag hat das Verwaltungsgericht überwiegend stattgegeben (Beschluss v. 16.07.2025 - VG 1 L 634/25 -). Zur Begründung hat es ausgeführt, zur Verhinderung des von der Polizei befürchteten Lärms hätten mildere Maßnahmen genügt in Gestalt von Lärmauflagen, die das Gericht selbst direkt anordnete.
Oberverwaltungsgericht: Ortsverlegung des Protestcamps ist unverhältnismäßig
Die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhobene Beschwerde der Polizei hatte vor dem Oberverwaltungsgericht keinen Erfolg. Nach Auffassung des 4. Senats erweist sich die polizeilich angeordnete Beschränkung, den Ort der Versammlung zu verlegen, als unverhältnismäßig und damit als ermessensfehlerhaft. Da nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts hier der Versammlungsort vor dem Bundeskanzleramt für die Teilnehmer besonders bedeutsam ist, wiegt die angeordnete Ortsverlagerung entsprechend schwer. Die Ablehnung milderer Maßnahmen jenseits einer Ortsverlegung seitens der Polizei als nicht zielführend bedarf daher einer gesteigerten Begründung. Eine solche fehlt hier. Das Beschwerdevorbringen erlaubt nicht den Schluss, dass mildere Maßnahmen, so wie sie das Verwaltungsgericht für erforderlich gehalten hat, keine Beachtung finden und offenkundig weniger wirksam sein werden. Dabei ist auch die hier jedenfalls nicht schlechthin auszuschließende Kooperationsbereitschaft der Veranstalter und Teilnehmer in den Blick zu nehmen, für die es vorliegend aus dem vergangenen Verhalten der Teilnehmer greifbare Anhaltspunkte gibt. Ausgehend davon hätte die Polizei Lärmauflagen zumindest auch in ihre Ermessenserwägungen einstellen müssen, was unterblieben ist.
Der Beschluss ist unanfechtbar.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.07.2025
Quelle: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/pt)