Oberverwaltungsgericht Niedersachsen Urteil11.08.2025
Naturschutzrechtliche Genehmigung für Seekabel vor Borkum vollziehbar
Der 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat auf die Beschwerde des niederländischen Energieunternehmens ONE-Dyas B.V. einen Beschluss des Verwaltungsgerichts Oldenburg vom 14. Juli 2025 geändert und einen Antrag der Deutschen Umwelthilfe (DUH) auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gegen die sofortige Vollziehbarkeit naturschutzrechtlich erteilter Befreiungen für die Verlegung und den Betrieb eines Seekabels abgelehnt.
Das Seekabel soll zwischen dem etwa 15 km nordwestlich der Insel Borkum gelegenen Offshore-Windpark Riffgat und einer im niederländischen Küstenmeer, etwa 500 m hinter der deutsch-niederländischen Grenze errichteten Gasförderplattform verlegt werden. Von dieser wird Erdgas aus dem niederländischen Teil der Nordsee gewonnen. ONEDyas B.V. beabsichtigt zukünftig auch eine Förderung aus dem deutschen Teil der Nordsee.
Mit Bescheid vom 1. September 2022, dessen sofortige Vollziehung später angeordnet worden war, erteilte der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) ONE-Dyas B.V. eine naturschutzrechtliche Befreiung wegen einer durch die Seekabelverlegung angenommenen erheblichen Beeinträchtigung des besonders geschützten Biotops „KMTk - Tiefwasserzone des Küstenmeers -, Artenreiche Kies- , Grobsand- und Schillgründe“. Ferner erteilte der NLWKN im Jahr 2024 dem Unternehmen wegen zu erwartender Beeinträchtigungen des Biotops „Steiniges Riff des Sublitorals (KMR)“ eine weitere Befreiung. Die DUH hat gegen die Bescheide jeweils Widerspruch eingelegt bzw. Klage vor dem Verwaltungsgericht Oldenburg erhoben (Az.: 5 A 2167/24), über die noch nicht entschieden ist. Auf den zusätzlichen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes der DUH hat das Verwaltungsgericht Oldenburg mit dem hier angegriffenen Beschluss die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Klage wiederhergestellt.
Die dagegen erhobene Beschwerde von ONE-Dyas B.V. hatte vor dem 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts Erfolg. Die Befreiungen seien aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses notwendig. Anders als das Verwaltungsgericht in der angegriffenen Entscheidung meine, sei eine naturschutzrechtliche Befreiung nicht erst dann „notwendig“ im Sinne der sie ermöglichenden Vorschrift (§ 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG), wenn die die Befreiung erfordernde Maßnahme alternativlos sei. Vielmehr sei ausreichend, dass sie vernünftigerweise geboten sei. Dies sei hier für die Versorgung der Gasförderplattform mit Strom aus dem Windpark Riffgat der Fall. Ebenso wie bei der Errichtung und dem Betrieb von Anlagen betreffend erneuerbare Energien, denen der Gesetzgeber ein überragendes öffentliches Interesse beimesse, gelte ein solches grundsätzlich auch für die Möglichkeit auf diese Weise gewonnenen Strom nutzen zu können, gerade bei dem hier zu erwartenden hohen Verbrauch. Demgegenüber beschränke sich die Betroffenheit der Biotope auf einen linearen, schmalen Verlegungsbereich und eine vergleichsweise überschaubare Fläche, die zudem durch die angeordnete Ausgleichsmaßnahme und Zahlungspflicht kompensiert würde. Die Möglichkeit einer alternativen, weniger intensiven Trassenführung existiere nicht und die vom Verwaltungsgericht in Erwägung gezogene Freileitung auf Masten wäre mit deutlich massiveren Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden.
Auch sonst seien keine von dem Umweltverband rügbaren Verstöße gegen umweltbezogene Rechtsvorschriften erkennbar .
Da die Rechtsbehelfe der DUH damit voraussichtlich keine Aussicht auf Erfolg hätten, bedürfe es auch nicht der vom Verwaltungsgericht vorgenommenen Folgenabwägung.
Die Entscheidung des Senats ist unanfechtbar.
Mit Beschluss vom 1. August 2025 hatte der 7. Senat des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts bereits die Beschwerde der DUH gegen die sofortige Vollziehbarkeit der wasserrechtlichen Erlaubnis für die Verlegung und den Betrieb des Seekabels zurückgewiesen (Az.: 7 ME 34/25).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.08.2025
Quelle: Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, ra-online (pm/pt)