Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil15.10.2025
Bei nur 17 Beitragsjahren besteht kein Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen in der gesetzlichen RentenversicherungFür die Altersrente für schwerbehinderte Menschen muss die gesetzliche Voraussetzung von 35 Jahren Wartezeit erfüllt sein
Der Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen setzt zwingend voraus, dass der Versicherte mindestens 35 Jahre lang gesetzlich rentenversichert war (sog. Wartezeit). Wer insgesamt sehr viel länger arbeitet (hier: 46 Jahre lang), aber einen Großteil der Zeit als Beamter versicherungsfrei war, kann daher trotz vergleichbarer „Lebensleistung“ keine solche Rente beanspruchen. Das hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden.
Der 1960 geborene Kläger durchlief eine Berufsausbildung und war anschließend bis 1994 durchgängig sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Auf diese Weise sammelte er rund 17 Jahre Beitragszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.
Sodann wurde er Beamter des Landes Berlin und stand bis Mitte 2023 rund 29 Jahre lang im aktiven Dienst. Da bei ihm ein Grad der Behinderung (GdB) von 60 festgestellt worden war, gewährte ihm das Land Berlin anschließend ein vorzeitiges Ruhegehalt für schwerbehinderte Menschen. Grundlage dieser Rente sind allerdings nur die als Beamter zurückgelegten Dienstzeiten.
Mitte 2023 beantragte der Kläger auch bei der gesetzlichen Rentenversicherung eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Die Rentenversicherung lehnte den Antrag ab. Der Kläger erfülle nicht die erforderliche Wartezeit von 35 Jahren. Vielmehr enthalte sein Versicherungskonto rentenrechtliche Zeiten lediglich im Umfang von 17 Jahren.
Das Sozialgericht Potsdam hat die daraufhin erhobene Klage abgewiesen. Hiergegen hat der Kläger Berufung zum Landessozialgericht Berlin-Brandenburg eingelegt. Er hat geltend gemacht, dass die Wartezeit in seinem Fall kein Ausschlusskriterium darstellen dürfe. Seine Lebensleistung von 46 Arbeitsjahren müsse anerkannt werden. Der Wechsel in das Beamtenverhältnis dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Es könne nicht sein, dass die 17 Beitragsjahre, die er in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt habe, einfach verloren seien. Er werde gegenüber anderen Versicherten, die nicht in ein Beamtenverhältnis gewechselt seien, ungerechtfertigt benachteiligt.
Das Landessozialgericht hat die Berufung des Klägers mit seinem Urteil vom 15. Oktober 2025 zurückgewiesen und damit der Rentenversicherung Recht gegeben. Es gebe keine gesetzliche Regelung, die es erlauben würde, dem Kläger eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen auch ohne Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren zuzusprechen. Die Wartezeitregelung verstoße auch nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz. Bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung handle es sich seit jeher um zwei getrennte Alterssicherungssysteme, die sich strukturell erheblich unterscheiden würden. Der allgemeine Gleichheitssatz gebiete es nicht, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungssystemen gleich zu regeln bzw. die Nachteile auszugleichen, die mit dem Wechsel von dem einen in das andere System verbunden seien. Die Zeiten, die der Kläger in der gesetzlichen Rentenversicherung zurückgelegt habe, würden zudem keinesfalls gänzlich unberücksichtigt bleiben. So könne der Kläger selbstverständlich eine Regelaltersrente beanspruchen, sobald er im Jahr 2027 das reguläre Renteneintrittsalter erreicht haben werde. Die Regelaltersrente setze nämlich nur eine Mindestversicherungszeit von fünf Jahren voraus. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Landessozialgericht hat die Revision nicht zugelassen.
Der Kläger kann beim Bundessozialgericht die Zulassung der Revision beantragen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.10.2025
Quelle: Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, ra-online (pm/pt)