Finanzgericht Münster Urteil28.08.2024
Betrieblich genutzte Räume eines freiberuflichen Musikers können als häusliches Arbeitszimmer anzusehen sein
Bereits mit Urteil vom 28. August 2024 (Az. 2 K 1243/20 E) hat der 2. Senat des Finanzgerichts Münster entschieden, dass mehrere freiberuflich genutzte Räume eines Musikers im ansonsten privat genutzten Haus als ein häusliches Arbeitszimmer angesehen werden können, sodass der Betriebsausgabenabzug auf 1.250 € pro Jahr zu begrenzen ist.
Der Kläger war in den Streitjahren 2013 bis 2020 freiberuflich als Dirigent, Pianist, Vocal-Coach, musikalischer Leiter sowie Betreiber von zwei Musikschulen tätig. Seine Ehefrau arbeitete unentgeltlich in den Musikschulen mit. Im von beiden Eheleuten gemeinsam bewohnten Anwesen, das ein Hauptgebäude und eine hiermit durch Innentüren verbundene Einliegerwohnung umfasste, nutzte der Kläger verschiedene Räume für Arbeits-, Übungs-, Verwaltungs- und Lagertätigkeiten. Für diese Räume (je ein Arbeitszimmer der beiden Eheleute, Musikzimmer, Gästezimmer, Küche, Galerie, Garderobe, Lagerraum, drei WCs sowie zwei Flure), die insgesamt 226 m² und damit 45 % der insgesamt 500 m² umfassenden Gesamtwohnfläche des Anwesens umfassten, machte der Kläger einen Betriebsausgabenabzug von ca. 15.000 € bis 20.000 € jährlich geltend.
Das Finanzamt erkannte lediglich das Arbeitszimmer des Klägers und das Musikzimmer als einheitliches Arbeitszimmer an und begrenzte den jährlichen Betriebsausgabenabzug auf 1.250 €.
Dieser Beurteilung folgte der 2. Senat des Finanzgerichts Münster und wies die Klage ab.
Das Arbeitszimmer und das Musikzimmer stellten ein häusliches Arbeitszimmer dar, da beide Räume in die häusliche Sphäre eingebunden seien und vorwiegend der Erledigung gedanklicher und praktischer Arbeiten im Hinblick auf die freiberufliche Tätigkeit des Klägers dienten. Beide Räume seien auch nicht als betriebsstättenähnlich anzusehen, da sie nicht erkennbar für den Publikumsverkehr gewidmet und zugänglich gewesen seien. Aufgrund der nahezu identischen Nutzung bildeten beide Räume eine funktionale Einheit, sodass lediglich von einem häuslichen Arbeitszimmer auszugehen sei.
Das von der Ehefrau genutzte Arbeitszimmer sei nicht als Arbeitszimmer des Klägers zu qualifizieren. Eine einkommensteuerliche Berücksichtigung bei der Ehefrau komme nicht in Betracht, da diese keine Einkünfte erzielt habe.
Die übrigen Räume seien nach ihrem äußeren Erscheinungsbild nicht dem Typus des Arbeitszimmers zuzurechnen, sondern dienten ihrer Art der Einrichtung nach erkennbar auch privaten Wohnzwecken. Sie wiesen auch kein betriebsstättenähnliches Gepräge auf und seien nicht dem Publikumsverkehr gewidmet gewesen.
Der Betriebsausgabenabzug sei nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 Halbsatz 2 EStG in der für die Streitjahre gültigen Fassung auf 1.250 € jährlich beschränkt, da das häusliche Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen Betätigung des Klägers gebildet habe. Die wesentlichen Handlungen seiner Tätigkeiten habe der Kläger an den jeweiligen Auftrittsorten oder in den Musikschulen erbracht. Im häuslichen Arbeitszimmer habe er diese Tätigkeiten lediglich vor- und nachbereitet, auch wenn dies einen erheblichen zeitlichen Umfang eingenommen habe.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers hat der Bundesfinanzhof die Revision zugelassen, die dort unter dem Az. VIII R 20/25 geführt wird. Für das Revisionsverfahren hat er mit Beschluss vom 18. November 2025 (Az. VIII S 27/24 (AdV)) teilweise Aussetzung der Vollziehung gewährt. Es sei nicht ausgeschlossen, dass auch das von der Eehfrau genutzte Arbeitszimmer der Ehefrau Bestandteil der funktionellen Einheit des Arbeitszimmers des Klägers sei. Zudem sei es möglich, dass der qualitative Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Klägers im häuslichen Arbeitszimmer liege und die Begrenzung auf 1.250 € daher nicht greife.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.12.2025
Quelle: Finanzgericht Münster, ra-online (pm/pt)