24.10.2025
Urteile, erschienen im September2025
 MoDiMiDoFrSaSo
361234567
37891011121314
3815161718192021
3922232425262728
402930     
Urteile, erschienen im Oktober2025
 MoDiMiDoFrSaSo
40  12345
416789101112
4213141516171819
4320212223242526
442728293031  
Unser Newsletter wird demnächst umgestellt...

Als Nachfolger des erfolgreichen Portals kostenlose-urteile.de werden wir demnächst auch dessen Newsletter übernehmen und unter dem Namen urteile.news weiter betreiben.

Solange können Sie sich noch über kostenlose-urteile.de bei unserem Newsletter anmelden. Er enthält trotz des Namens kostenlose-urteile.de alle neuen Urteilsmeldungen von urteile.news und verweist auch dahin.

Wir bitten für die Unannehmlichkeiten um ihr Verständnis.

> Anmeldung und weitere Informationen
24.10.2025 
Sie sehen das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
ergänzende Informationen

Bundesverfassungsgericht Beschluss29.09.2025

Kirchliche Arbeitgeber dürfen Bewerber wegen Religion ablehnenErfolgreiche Verfas­sungs­be­schwerde gegen arbeits­ge­richtliche Entscheidung zum kirchlichen Arbeitsrecht

Die Ablehnung eines Bewerbers durch die Kirche aufgrund fehlender Kirchen­zu­ge­hö­rigkeit stellt nicht automatisch eine Diskriminierung dar. Das entschied das Bundes­ver­fas­sungs­gericht und stärkte mit der vorliegenden Entscheidung das kirchliche Arbeitsrecht.

Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht hat der Verfas­sungs­be­schwerde eines kirchlichen Arbeitgebers stattgegeben, die sich gegen ein Urteil des Bundes­a­r­beits­ge­richts richtet. Mit dem angegriffenen Urteil – dem eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union vorausgegangen war – hatte das Bundes­a­r­beits­gericht den Beschwer­de­führer zur Zahlung einer Entschädigung verurteilt, weil er eine konfessionslose Bewerberin für eine ausgeschriebene Stelle nicht zum Vorstel­lungs­ge­spräch eingeladen habe und eine damit einhergehende Vermutung einer Benachteiligung wegen der Religion nicht gerechtfertigt werden könne und nicht widerlegt worden sei.

Das Urteil des Bundes­a­r­beits­ge­richts verletzt den Beschwer­de­führer in seinem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht aus Art. 4 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 140 Grundgesetz (GG) und Art. 137 Abs. 3 Satz 1 Weimarer Reichs­ver­fassung (WRV), weil die bei der Anwendung der Schran­ken­be­stimmung des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes (AGG) vorgenommene Güterabwägung dem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht des Beschwer­de­führers nicht in dem verfas­sungs­rechtlich gebotenen Umfang Rechnung trägt.

Der Senat führt in seinem Beschluss aus, dass bei dem nach grund­recht­lichen Maßstäben vorzunehmenden Ausgleich zwischen den Belangen religiöser Arbeitgeber und der Arbeitnehmer das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union aus dem Vorla­ge­ver­fahren zu berücksichtigen ist. Dies führt zu einer Konkretisierung der bisherigen verfas­sungs­ge­richt­lichen Maßstäbe für die Zweistu­fen­prüfung auf der Ebene der Beschränkung des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts. Die Anpassung der Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts an die Vorgaben des unions­recht­lichen Rahmens ist hierbei kraft des Vorrangs des Unionsrechts zwingend. Der Vorrang des Unionsrechts entfällt vorliegend auch nicht, da das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union keinen Ultra-vires-Akt darstellt. Es bestehen auch im Hinblick auf die Reichweite des Selbst­be­stim­mungs­rechts der Religi­o­ns­ge­mein­schaften im Bereich des Arbeitsrechts keine unüberwindbaren Widersprüche zwischen dem nationalen Verfas­sungsrecht und dem Unionsrecht.

Der Senat hat das Urteil des Bundes­a­r­beits­ge­richts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Sachverhalt

Gegenstand der Verfas­sungs­be­schwerde ist die Frage, unter welchen Voraussetzungen ein kirchlicher Arbeitgeber für eine konkret zu besetzende Stelle die Mitgliedschaft in der Kirche verlangen darf und inwieweit die staatlichen Gerichte dies im Hinblick auf das religiöse Selbst­be­stim­mungsrecht überprüfen können.

Kirchen­mit­glied­schaft als Einstel­lungs­vor­aus­setzung

I. Der Beschwer­de­führer ist ein kirchlicher Arbeitgeber. In einer Ausschreibung für eine Projektstelle gab der Beschwer­de­führer unter anderem an: „Die Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag setzen wir voraus.“. Die konfessionslose Klägerin des Ausgangs­ver­fahrens (im Folgenden: Klägerin) bewarb sich auf die ausgeschriebene Stelle, ohne sich zu ihrer Religi­o­ns­zu­ge­hö­rigkeit zu äußern. Sie wurde nicht zu einem Vorstel­lungs­ge­spräch eingeladen. Sie erhob daraufhin Klage zum Arbeitsgericht und verlangte vom Beschwer­de­führer gemäß § 15 Abs. 2 AGG eine Entschädigung, weil sie aus religiösen Gründen benachteiligt worden sei. Nachdem das Arbeitsgericht der Klägerin eine Entschädigung zusprach (Urteil v. 18.12.2013 - 54 Ca 6322/13 -), wies das Landes­a­r­beits­gericht Berlin-Brandenburg auf die Berufung des Beschwer­de­führers die Klage ab (Urteil v. 28.05.2014 - 4 Sa 157/14 und 4 Sa 238/14 -). Ein Anspruch bestehe nicht, weil die unter­schiedliche Behandlung wegen der Religion jedenfalls nach § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG gerechtfertigt sei.

II. Im Rahmen des von der Klägerin angestrengten Revisi­ons­ver­fahrens leitete das Bundes­a­r­beits­gericht ein Vorab­ent­schei­dungs­ver­fahren gemäß Art. 267 AEUV vor dem Gerichtshof der Europäischen Union ein. Es sei notwendig, die Auslegung von Art. 4 Abs. 2 der Richtlinie 2000/78/EG (Gleich­be­hand­lungs­richtlinie) klären zu lassen. Der Bedeu­tungs­gehalt dieser Bestimmung sei ausschlaggebend für die Auslegung von § 9 Abs. 1 AGG und insbesondere sei zu klären, welche Anforderungen an die Art der Tätigkeit oder die Umstände ihrer Ausübung als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos der Organisation gemäß Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie zu stellen seien und ob den staatlichen Gerichten eine umfassende Kontrolle obliege.

III. Mit Urteil vom 17. April 2018 erkannte der Gerichtshof der Europäischen Union (Az. C-414/16) – vereinfacht dargestellt –, dass die Ablehnung eines Bewerbers mit der Begründung, die Religion sei nach der Art der betreffenden Tätigkeiten eine wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung angesichts des Ethos dieser Kirche oder Organisation, Gegenstand einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle sein können muss. Die Kontrolle der Einhaltung der in Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie festgelegten Kriterien liefe ins Leere, wenn sie in Zweifelsfällen keiner unabhängigen Stelle wie einem staatlichen Gericht obläge. Bei der Auslegung des Begriffs „wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte Anforderung“ in Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie müssten die Gerichte einerseits beachten, dass die Legitimität des Ethos der betreffenden Kirche oder Organisation nicht beurteilt werden dürfe, andererseits, dass das Recht der Arbeitnehmer, wegen der Religion keine Diskriminierung zu erfahren, nicht verletzt werde. Es obliege den nationalen Gerichten zu entscheiden, ob und inwieweit eine nationale Rechts­vor­schrift wie § 9 Abs. 1 AGG im Einklang mit Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie ausgelegt werden könne oder unangewendet bleiben müsse.

IV. Mit hier angegriffenem Urteil verurteilte das Bundes­a­r­beits­gericht den Beschwer­de­führer, an die Klägerin eine Entschädigung zu zahlen. § 9 Abs. 1 Alt. 1 AGG sei nicht mit den unions­recht­lichen Vorgaben vereinbar und müsse unangewendet bleiben. Auch § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG könne die unter­schiedliche Behandlung wegen der Religion nicht rechtfertigen. Zwar bestehe vorliegend ein direkter Zusammenhang zwischen der beruflichen Anforderung und der ausge­schriebenen Tätigkeit. Auch unter Beachtung des Selbst­ver­ständ­nisses der Religi­o­ns­ge­mein­schaft stelle sich die Kirchen­mit­glied­schaft nach der Art der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung jedoch nicht als wesentliche, rechtmäßige und gerechtfertigte berufliche Anforderung dar.

Wesentliche Erwägungen des Senats

Die Verfas­sungs­be­schwerde ist zulässig und begründet, soweit der Beschwer­de­führer eine Verletzung des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts durch die Anwendung der Vorgaben des Gerichtshofs der Europäischen Union rügt (inzidente Ultra-vires-Rüge). Die angegriffene Entscheidung verletzt den Beschwer­de­führer in seinem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht.

I. Beurtei­lungs­maßstab der Verfas­sungs­be­schwerde sind die Grundrechte des Grundgesetzes. Das Bundes­ver­fas­sungs­gericht prüft inner­staat­liches Recht und dessen Anwendung grundsätzlich auch dann am Maßstab der Grundrechte des Grundgesetzes, wenn es im Anwen­dungs­bereich des Unionsrechts liegt, durch dieses aber nicht vollständig determiniert ist. Die hier maßgeblichen Normen der Gleich­be­hand­lungs­richtlinie zur Reichweite des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts im Bereich des religiösen Arbeitsrechts belassen den Mitgliedstaaten bei ihrer Durchführung Gestal­tungs­spielräume und indizieren Grund­rechts­plu­ralität. Die Gestal­tungs­spielräume bestehen innerhalb des Rahmens, den Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union setzt.

II. 1. Der Schutzbereich des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts ist eröffnet, da hier das streitige Einstel­lungs­kri­terium „Mitgliedschaft in einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche und die Identifikation mit dem diakonischen Auftrag“ vom Gewähr­leis­tungs­umfang des Selbst­be­stim­mungs­rechts umfasst ist.

2. Das religiöse Selbst­be­stim­mungsrecht unterliegt der Schranke „des für alle geltenden Gesetzes“. Darunter fallen die hier einschlägigen Regelungen des Allgemeinen Gleich­be­hand­lungs­ge­setzes. Bei Auslegung und Anwendung dieser Bestimmungen ist das religiöse Selbst­be­stim­mungsrecht mit jenen Rechtsgütern, deren Schutz das einschränkende Gesetz dient, grundsätzlich weiterhin auf der Grundlage einer zweistufigen Prüfung in Ausgleich zu bringen.

a) Die erste Prüfungsstufe knüpft an die für die Eröffnung des Schutzbereichs anzustellende Plausi­bi­li­täts­prüfung an, die der Klärung der Frage dient, welche Angelegenheit als eine religiöse betrachtet wird und welche Bedeutung ihr nach dem kirchlichen Selbst­ver­ständnis für die Verwirklichung des religiösen Ethos zukommt. Auf der zweiten Prüfungsstufe der Schran­ken­ziehung erfolgt eine offene Gesamtabwägung zwischen den Interessen und Belangen der Arbeitnehmer und dem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht.

b) Bei der Durchführung des Ausgleichs zwischen den Belangen des religiösen Arbeitgebers und der Arbeitnehmer ist aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts der durch Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union gesetzte Rahmen zu berücksichtigen. Dies lässt sich über eine unions­rechts­konforme Auslegung der einschlägigen nationalen Bestimmungen umsetzen und führt zu einer Konkretisierung der bisherigen verfas­sungs­ge­richt­lichen Maßstäbe für die Zweistu­fen­prüfung.

aa) Die erste Stufe der Schran­ken­ziehung erfährt insoweit eine Schärfung, als ausgehend vom Selbst­ver­ständnis der Religi­o­ns­ge­mein­schaft eine wirksame gerichtliche Kontrolle dahingehend erfolgt, inwieweit sich aus der Tätigkeit oder den Umständen ihrer Ausübung objektiv ein direkter Zusammenhang zwischen der aufgestellten beruflichen Anforderung – hier der Kirchen­mit­glied­schaft – und der fraglichen Tätigkeit ergibt. Der Religi­o­ns­ge­mein­schaft obliegt es, diesen Zusammenhang für die konkret betroffene Tätigkeit im Hinblick auf ihr religiöses Selbst­ver­ständnis plausibel darzulegen.

bb) Die auf der zweiten Stufe erfolgende Gesamtabwägung der betroffenen rechtlichen Belange erfährt eine Konturierung dahingehend, dass die in Rede stehende berufliche Anforderung im Hinblick auf die konkrete Tätigkeit für die Wahrung des religiösen Selbst­ver­ständ­nisses geeignet, erforderlich und angemessen im engeren Sinn, mithin verhältnismäßig sein muss. Dies lässt es weiterhin zu, dem religiösen Selbst­ver­ständnis aufgrund seiner Nähe zum vorbehaltlos gewährten Recht auf korporative Religi­o­ns­freiheit ein besonderes Gewicht beizumessen. Je größer die Bedeutung der betroffenen Position für die religiöse Identität der Religi­o­ns­ge­mein­schaft nach innen oder außen, desto mehr Gewicht besitzt der von der Kirche in Wahrnehmung ihres Selbst­be­stim­mungs­rechts vorgetragene Belang und ein daraus abgeleitetes Erfordernis der Kirchen­mit­glied­schaft. Je weniger Relevanz die jeweilige Position für die Verwirklichung des religiösen Ethos hat, desto eher wird dem Diskri­mi­nie­rungs­schutz der Vorzug zu geben sein. Dessen hoher verfas­sungs­recht­licher Bedeutung ist bei der Abwägung durch die Gerichte Rechnung zu tragen.

3. Die Anpassung der Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts an die Vorgaben des unions­recht­lichen Rahmens für den mitglied­s­taat­lichen Gestal­tungs­spielraum ist kraft des Vorrangs des Unionsrechts zwingend. Der Vorrang des Unionsrechts entfällt vorliegend nicht.

Das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 17. April 2018 (Az. C-414/16) stellt keinen Ultra-vires-Akt dar. Es liegt weder ein offen­sicht­licher Verstoß gegen das Prinzip der Einze­ler­mäch­tigung vor, noch ist erkennbar, dass der Gerichtshof die Kompetenznorm des Art. 19 Abs. 1 AEUV, wonach die Europäische Union im Rahmen der ihr durch die Verträge übertragenen Zuständigkeiten geeignete Vorkehrungen gegen Diskri­mi­nie­rungen aus Gründen unter anderem der Religion oder der Weltanschauung treffen kann, offensichtlich willkürlich ausgelegt hat. Auch führt das Urteil nicht zu einer Rechtslage, die den vom Grundgesetz als unabdingbar vorausgesetzten Grund­rechts­s­tandard im Hinblick auf das religiöse Selbst­be­stim­mungsrecht unterschreitet.

III. Nach den genannten Maßstäben verletzt das Urteil des Bundes­a­r­beits­ge­richts den Beschwer­de­führer in seinem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht, weil die bei der Anwendung des § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG vorgenommene Güterabwägung dem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht des Beschwer­de­führers nicht in dem verfas­sungs­rechtlich gebotenen Umfang Rechnung trägt.

1. Das Bundes­a­r­beits­gericht berücksichtigt nicht hinreichend, dass Art. 4 Abs. 2 Gleich­be­hand­lungs­richtlinie in der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union im Urteil vom 17. April 2018 dem nationalen Recht Spielräume belässt, innerhalb derer die grund­recht­lichen Vorgaben des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts gelten. Dies bildet den Ausgangspunkt dafür, dass das Bundes­a­r­beits­gericht dem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht im Rahmen der Abwägung mit dem Recht der Klägerin, nicht wegen ihrer Religion diskriminiert zu werden, nicht das Gewicht beimisst, welches ihm nach der Verfassung zukommt. Das Bundes­a­r­beits­gericht stellt sein eigenes Verständnis einer glaubwürdigen Vertretung des kirchlichen Ethos nach außen an die Stelle des Verständnisses des Beschwer­de­führers. Damit, dass dessen Verständnis von vornherein nicht plausibel dargelegt sei, setzt sich das Gericht nicht auseinander.

2. Mangels Berück­sich­tigung des plausibel – und damit ausreichend – dargelegten christlichen Profils der verfah­rens­ge­gen­ständ­lichen Stelle überspannt das Bundes­a­r­beits­gericht in der Folge bei der Anwendung der einzelnen Tatbe­stands­merkmale des § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG die nach Maßgabe der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu beachtenden Vorgaben zulasten des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts. Indem das Gericht seine Sicht auf die ausgeschriebene Tätigkeit und deren Zusammenhang mit der Kirchen­mit­glied­schaft an die Stelle der Sicht des Beschwer­de­führers setzt, wird das Interesse des Beschwer­de­führers nicht in der verfas­sungs­rechtlich gebotenen Weise gewichtet.

Die vom Bundes­a­r­beits­gericht geäußerten erheblichen Zweifel daran, dass die vom Beschwer­de­führer geforderte berufliche Anforderung der Zugehörigkeit zu einer evangelischen oder der ACK angehörenden Kirche „wesentlich“ im Sinne von § 9 Abs. 1 Alt. 2 AGG ist, lassen die gebotene Einbeziehung des religiösen Selbst­be­stim­mungs­rechts des Beschwer­de­führers nicht erkennen. Auch soweit das Bundes­a­r­beits­gericht ausführt, dass die vom Beschwer­de­führer formulierte berufliche Anforderung nicht gerechtfertigt ist, trägt es dem religiösen Selbst­be­stim­mungsrecht nicht ausreichend Rechnung. Das Bundes­a­r­beits­gericht geht davon aus, dass der Beschwer­de­führer weder eine Gefahr der Beein­träch­tigung seines Rechts auf Autonomie noch seines Ethos dargetan habe. Auch insoweit ist nicht erkennbar, dass die Sicht des Beschwer­de­führers auf den Inhalt und die Bedeutung der Aufgabe überhaupt in die Prüfung eingeflossen ist.

Quelle: Bundesverfassungsgericht, ra-online (pm/pt)

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss35503

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI