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Dokument-Nr. 35233

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Bundesgerichtshof Urteil17.07.2025

Versandapotheke im EU-Ausland durfte Prämien für rezept­pflichtige Medikamente zahlenFrühere Regelung zur Arznei­mit­tel­preis­bindung gegenüber einer im EU-Ausland ansässigen Versandapotheke nicht anwendbar

Der Bundes­ge­richtshofs hat entschieden, dass die in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF vorgesehene Arznei­mit­tel­preis­bindung gegenüber Versan­d­a­po­theken, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässig sind, nicht anwendbar ist. Daher kann die seinerzeit erfolgte Gewährung von Bonusprämien bei der Ausgabe verschrei­bungs­pflichtiger Arzneimittel durch eine in den Niederlanden ansässige Versandapotheke nicht als unlauter verboten werden.

Der Kläger ist ein Verband, der die berufs­s­tän­dischen Interessen der in Bayern ansässigen Apotheker vertritt. Die Beklagte ist ein in den Niederlanden ansässiges Pharma­un­ter­nehmen. Sie reimportierte in den Jahren 2012 und 2013 verschrei­bungs­pflichtige Medikamente, die ihr von deutschen Pharma­groß­händlern geliefert wurden, indem sie diese nach Einreichung einer entsprechenden ärztlichen Verschreibung per Post an in Deutschland ansässige Patienten abgab. Die Beklagte warb zum einen damit, Patienten bei der Einlösung eines Rezepts einen direkt mit dem Rechnungsbetrag verrechneten Bonus in Höhe von 3 € pro Medikament, insgesamt aber höchstens 9 € pro Rezept, zu zahlen. Zum anderen warb sie damit, bei der Einlösung eines Rezepts eine Prämie in einer Höhe von bis zu 9 € zu zahlen, wenn der Patient sich bereit erklärte, durch Ausfüllen eines Formulars oder durch Beantwortung von Fragen im Rahmen eines Telefonats einen Arzneimittel-Check zu absolvieren.

Der Kläger ist der Auffassung, die Gewährung von Boni verstoße gegen die Arznei­mit­tel­preis­bindung und sei wettbe­wer­bs­widrig. Er nimmt die Beklagte auf Unterlassung sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungs­gericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Das Berufungs­gericht hat zwar zutreffend angenommen, dass die von der Beklagten gewährten Boni als unmittelbarer Preisnachlass auf den eigentlichen Apothe­ke­n­ab­ga­bepreis gegen § 78 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 Arznei­mit­tel­gesetz (AMG) in der bis zum 14. Dezember 2020 geltenden Fassung und § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1 Arznei­mit­tel­preis­ver­ordnung (AMPreisV) verstoßen. Das Berufungs­gericht hat jedoch zu Unrecht einen hiermit verbundenen Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG aF sowie § 3 a UWG angenommen. Denn die genannten früheren Regelungen zur Arznei­mit­tel­preis­bindung sind wegen Verstoßes gegen die Waren­ver­kehrs­freiheit (Art. 34, 36 AEUV) unions­rechts­widrig und daher gegenüber der in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ansässigen Beklagten nicht anwendbar.

Nach dem Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union in der Sache "Deutsche Parkinson Vereinigung" (EuGH, Urteil vom 19. Oktober 2016, C-148/15, GRUR 2016, 1312) stellt die in § 78 Abs. 1 Satz 4 AMG aF vorgesehene Arznei­mit­tel­preis­bindung eine Maßnahme mit gleicher Wirkung wie eine mengenmäßige Einfuhr­be­schränkung im Sinne des Art. 34 AEUV dar. Zur Rechtfertigung einer solchen Maßnahme wegen des Schutzes der Gesundheit und des Lebens von Menschen (Art. 36 AEUV) ist mit Hilfe statistischer Daten, auf einzelne Punkte beschränkter Daten oder anderer Mittel objektiv zu prüfen, ob die vorgelegten Beweise bei verständiger Würdigung die Einschätzung erlauben, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung der verfolgten Ziele geeignet sind, und ob es möglich ist, diese Ziele durch Maßnahmen zu erreichen, die den freien Warenverkehr weniger einschränken.

Der Kläger hat es nicht vermocht, solche Daten oder andere Mittel zum Beweis seiner Behauptung vorzutragen, dass ohne die Arznei­mit­tel­preis­bindung die Aufrecht­er­haltung einer sicheren und flächen­de­ckenden Arznei­mit­tel­ver­sorgung und deshalb die Gesundheit der Bevölkerung gefährdet sei. Empirische Daten zu den Auswirkungen einheitlicher Apothe­ke­n­ab­ga­be­preise auf die flächendeckende, sichere und qualitativ hochwertige Arznei­mit­tel­ver­sorgung der Bevölkerung sind nach der durch das Berufungs­gericht eingeholten Auskunft der Bundesregierung nicht erhoben worden. Die von den Parteien vorgelegten Gutachten, Studien und Modellierungen beziehen sich sämtlich nicht auf den im Streitfall maßgeblichen Zeitraum der angegriffenen Rabattaktionen aus dem Jahr 2012 und stützen auch für die Folgejahre die Annahmen des Gesetzgebers zur Geeignetheit, Erfor­der­lichkeit und Angemessenheit einer Arznei­mit­tel­preis­bindung nicht. Diese Annahmen des Gesetzgebers hat schon der Gerichtshof der Europäischen Union in seinem Urteil "Deutsche Parkinson Vereinigung" als nicht hinreichend belegt angesehen.

Auf die Frage, ob die von der Beklagten gewährten Boni - wie vom Berufungs­gericht angenommen - gegen § 129 Abs. 3 Satz 3 SGB V verstoßen, kommt es danach nicht mehr an, weil es mangels Verstoßes gegen § 4 Nr. 11 UWG aF sowie § 3 a UWG in Verbindung mit § 78 Abs. 1 Satz 4, Abs. 2 Satz 2 AMG aF an der Wieder­ho­lungs­gefahr fehlt und schon deshalb die Klage abzuweisen ist.

LG München I - Urteil vom 13. März 2014 - 11 HK O 12091/13 OLG München - Urteil vom 7. März 2024 - 6 U 1509/14

Quelle: Bundesgerichtshof, ra-online (pm/pt)

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