Amtsgericht Hanau Urteil29.11.2024
Geringerer Schadensersatz des Vermieters für farbige Wände bei unwirksamer SchönheitsreparaturenklauselWenn der Vermieter Kosten spart, muss der Mieter nicht zahlen
Hat der Vermieter Ersatzansprüche wegen des Zustands der Mietsache bei Rückgabe, muss er sich bei unwirksamer Schönheitsreparaturenklausel die Kosten anrechnen lassen, welche er mangels eigener Renovierungsarbeiten erspart hat. Das Amtsgericht Hanau hat entschieden, dass der Vermieter Streich- und Tapezierarbeiten in der Wohnung nicht ersetzt verlangen kann, weil er selbst zur Durchführung der Schönheitsreparaturen verpflichtet war.
Das Mietverhältnis zwischen den Parteien lief über 13 Jahre, der Vertrag enthielt eine Klausel hinsichtlich der durch den Mieter durchzuführenden Schönheitsreparaturen. Nach Wohnungsrückgabe führte der Vermieter Tapezier- und Streicharbeiten durch. Die Kosten verlangte er von dem Mieter ersetzt. Denn dieser habe sie mit bunten Farben (gelb, grün und rosa) zurückgegeben, was eine Weitervermietung nicht ermögliche (vgl. Bundesgerichtshof, Urteil v. 06.11.2013 - VIII ZR 416/12). Zudem habe es viele nicht verschlossene Dübellöcher gegeben.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Darauf, ob der Mieter dem Vermieter die Kosten für die Streich- und Tapezierarbeiten erstatten muss, komme es nicht an. Denn der Vermieter hätte während der gesamten Laufzeit des Mietvertrags die Schönheitsreparaturen in der Wohnung durchführen müssen. Die Klausel, nach welcher der Mieter hierzu verpflichtet wurde, war unwirksam, weil sie zu kurze Fristen setze, außerdem sollte der Mieter nach einer anderen Klausel die Wohnung auch bei Einzug streichen, was ebenfalls zur Unwirksamkeit der laufenden Renovierungspflicht führe. Daher musste stattdessen, wie auch an sich vom Gesetz vorgesehen, der Vermieter renovieren. Hätte er das getan, wären ihm aber Kosten entstanden. Diese nicht aufgewendeten Kosten müsse er von seinen Schadensersatzansprüchen abziehen.
Für die Bestimmung der ersparten Kosten hat das Gericht auf die Pauschalbeträge nach § 28 Abs. 4 II. BerechnungsVO in der jeweiligen Höhe zurückgegriffen. Auch wenn diese hier keine unmittelbare Anwendung finden, lägen ihnen offiziell anerkannte Durchschnittswerte zugrunde. Bei über 13 Jahren Mietlaufzeit überstiegen sie die von dem Vermieter geltend gemachten Kosten um mehr als das Dreifache.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 19.09.2025
Quelle: Amtsgericht Hanau, ra-online (pm/pt)
der Leitsatz
Die Verwendung auch weicher Renovierungsfristen für Schönheitsreparaturen von 3, 5 und 7 Jahren ist bei nach Februar 2008 geschlossenen Mietverträgen unzulässig und führt zur Unwirksamkeit der Klausel. Stehen dem Vermieter Schadensersatzansprüche gegen den Mieter aufgrund eines ver-tragswidrigen Zustands der Mietsache zu, muss er sich, wenn die Schönheitsreparaturen nicht oder nicht wirksam auf den Mieter abgewälzt wurden, diejenigen Kosten anrechnen lassen, die er mangels eigener Renovierungsarbeiten im laufenden Mietverhältnis er-spart hat. Die über die Fristen der unwirksamen Schönheitsreparaturenklausel begründe-te Vermutung des Renovierungsbedarfs gilt insoweit gegen den Vermieter. Das Gericht kann die Höhe der ersparten Renovierungskosten auf Grundlage der jeweils geltenden Pauschalen für Schönheitsreparaturen gem. § 28 Abs. 4 S. 2 II. Berech-nungsVO schätzen.